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Justiz gibt nach - und bewahrt Häftling im Hungerstreik vor dem Tod


JVK Fröndenberg
Demirays Anhänger vor dem Haftkrankenhaus Fröndenberg. Foto: Sonnur Demiray

In diesem Blog geht's ja meistens eher launig zu. Heute nicht. Denn es geht um Leben - und Tod. Und ein unglaubliches Dilemma für die NRW-Justiz. Diese Geschichte beginnt mit einer Mahnwache vor dem Justizministerium, die mir vor einigen Tagen aufgefallen war. Dort standen Anhänger von Haydar Demiray, einem türkischen Häftling im Hungerstreik. Ich hatte den Fall am Rande verfolgt und dachte, die Sache sei schon vorbei - Demiray war in die JVA Dortmund verlegt worden, glaubte, dort seine Kleidung wieder anziehen zu dürfen. Das ist der Anlass seines Hungerstreiks. Er will keine Häftlingskleidung tragen.


An der Mahnwache wurde klar: Dortmund war ein Missverständnis, Demiray war zurück in der JVA Düsseldorf und wog keine 50 Kilo mehr. Ich machte eine erste Geschichte für die Rheinische Post, in der ich mich bemühte, beide Seiten darzustellen. Denn Demiray ist kein Opfer. Er wurde rechtskräftig wegen Mitgliedschaft einer terroristischen Vereinigung verurteilt - der linksextremen türkischen DHKP-C.


Während meiner Recherche wurde Demiray in das Knastkrankenhaus Fröndenberg verlegt. Jetzt wog er noch 46 Kilo. Er soll vor Kurzem eine Patientenverfügung verfasst haben, wonach man ihn im Notfall tatsächlich sterben lassen solle. Nun könnte man vermutlich streiten, ob die Verfügung tatsächlich Bestand haben würde - also, ob Demiray nach mehr als fünf Monaten Hungerstreik noch Herr seiner Sinne war, als er das Papier unterschrieb. Aber darauf legt es das Justizministerium nicht an.


Demirays Frau Sonnur - die selbst schon wegen der DHKP-C im Knast saß - schrieb mir überraschend: Ihr Mann habe seinen Hungerstreik "vorzeitig beendet". Man habe ihm zugesagt, dass er seine Kleidung zurückbekommt und in die JVA Detmold verlegt wird. Dort darf er sie anziehen (was in der JVA Düsseldorf zum Beispiel nicht erlaubt ist). Die Nachricht habe ich heute erneut für die Rheinische Post aufgeschrieben.


Das Justizministerium sagt zu dem Fall nichts - wegen der Persönlichkeitsrechte jedes Gefangenen. Details würden ohnehin unter die ärztliche Schweigepflicht fallen. Im Schatten von Solingen wird die Entscheidung des Ministeriums politisch kaum auffallen. Vielleicht wird sie noch mal im Rechtsausschuss thematisiert. Mich würde es interessieren.

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