Loveparade, Wirecard, Cum Ex: Ministerium engagiert Kölner Promi-Kanzlei für Mitarbeiter
- Oliver Auster
- 15. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Außerdem: Ministerin Paul ging nach Solingen nicht mal bei Mona Neubaur ans Telefon und Stamp bekommt weiter Geld

Vor einigen Wochen hatte ich das Flüchtlingsministerium (MKJFGFI) mal gefragt, ob das Haus sich anwaltlichen Beistand für den U-Ausschuss zum Terroranschlag von Solingen nimmt. Antwort: Ja! In ganzer Länge:
"Beschäftigte des MKJFGFI werden im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Anschlag in Solingen als Zeuginnen und Zeugen vernommen. Aus Fürsorgegründen hat das Ministerium daher eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Aufgabe des (im PUA zulässigen) Rechtsbeistandes für die Zeuginnen und Zeugen beauftragt. "
Damals wusste ich noch nicht, welche Kanzlei mandatiert wurde: Eine der bekanntesten in Deutschland - "Gercke Wollschläger". Namensgeber Björn Gercke verteidigte den Stadtplan-Erben Alexander Falk, er hat laut Handelsblatt einen Manager im Wirecard-Skandal begleitet und hat ebenfalls laut Handelsblatt "etliche Mandate von Bankern, die im Steuerskandal Cum-Ex mitmischten." Ach, ja: Gerckes Kanzlei war auch beim Loveparade-Prozess dabei.
Heute hat eine der Anwältinnen der Kölner Kanzlei einen nicht ganz so prominenten Termin: Sie begleitet als "Zeugenbeistand" drei Mitarbeiter aus der Abteilung 5 ("Flucht") des MKJFGFI durch den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss.
Hm... was so was wohl kostet? Als ich das Ministerium damals schon mal vorsorglich danach fragte, kam die Antwort:
"Da bislang noch keine Vernehmungen von Beschäftigten unseres Hauses stattgefunden haben, können die Kosten derzeit nicht beziffert werden.“
Notiz an mich selbst: Nach den Vernehmungen noch mal nachfragen.
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Und noch mal Solingen. Vergangene Woche habe ich im Landtagsblog berichtet, dass Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) im Kommunikations-Chaos nach dem Solingen-Anschlag (3 Tote) offenbar keine SMS verschickt hat (während die SPD eher glaubt, sie habe sie nachträglich gelöscht). Jetzt zeigen Recherchen des Kölner Stadt-Anzeigers, dass Paul auch telefonisch stundenlang nicht zu erreichen war. Nicht mal für Grünen-Parteifreundin und Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur. Ich hatte in meinem Leben einige Chefs, die das nicht so lustig gefunden hätten.
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Die SPD hebt unterdessen noch auf einen anderen Aspekt ab: Laut Stadt-Anzeiger ging die sogenannte BAMF-Akte des Attentäters am Samstagabend im Paul-Ministerium ein. Die Ministerin hatte laut SPD bisher betont, konkrete Infos seien erst am Sonntag gekommen. Die SPD-Abgeordnete Lisa Kapteinat: "Ministerin Paul hat uns Abgeordneten, dem Parlament und der Öffentlichkeit monatelang ins Gesicht gelogen!"
Da würde man doch gerne die Replik Pauls im U-Ausschuss hören. Aber dem Drängen der Opposition, sie noch vor der Sommerpause zu vernehmen, kam man bisher nicht nach.
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Von Josefine Paul zu ihrem Vorgänger im Flüchtlingsministerium: Joachim Stamp (FDP). Als eine der ersten Amtshandlungen hatte das Kabinett um Kanzler Friedrich Merz (CDU) im Mai 25 Posten von Beauftragten gestrichen. Darunter auch den Job von Stamp als Sonderbevollmächtigter für Migrationsabkommen. Was überrascht: Stamp wird weiter bezahlt – und das recht üppig.
Wie das Bundesinnenministerium (BMI) mir für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ mitteilte, hat Stamp noch einen Vertrag bis zum 31. Dezember 2025. Ein Sprecher des BMI:
"Die Funktion des Sonderbevollmächtigten der Bundesregierung für Migrationsabkommen wurde nach AT B6 (vergleichbar Bundesbesoldungsgruppe B6 BBesO) vergütet."
Das sind rund 11.000 Euro plus Zuschläge. Interessant: Offiziell ist der FDP-Politiker „weiterhin im BMI beschäftigt“, so der Sprecher. Was er da tut, ist unklar. So hieß es auf Nachfrage vom Ministerium: „Einzelheiten zur Aufgabenwahrnehmung sind noch zu regeln.“ Stamp selbst wollte sich nicht äußern. Im sozialen Business-Netzwerk LinkedIn hat Stamp eingetragen, er sei seit Mai „Verantwortlich für Migrationsabkommen (Vollzeit)“.
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