Heißer Verdacht und kalte Küche: Wirbel um Edel-Bistro der Staatskanzlei
- Oliver Auster
- 30. Jan.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 31. Jan.
Außerdem: Zweifelhafte Löttgen-Liste zur SPD-Brandmauer und Scharping-Comeback im Sauerland

Heute geht es von der Besenkammer ins Bistro: Die Staatskanzlei hat keine Kantine (viele Mitarbeiter gehen rüber in den Landtag, was immer wieder mal für Ärger sorgt), daher wurde bei der Sanierung auch ein Bistro eingebaut. Das hat 44 Sitzplätze, Parkettboden und eine sehr schicke Beleuchtung (hüstel...). Blöderweise ist das Bistro ab Montag nur noch ein (sehr schicker) Pausenraum für Brotdosen-Selbstversorger - denn der Caterer hat hingeschmissen. Noch fataler: Die BLB-Innenrevision vermutet auch Schmu beim Bistro-Bau.
Zunächst zur Einrichtung: Würde man die Lampen mal dimmen und ein bisschen leise Klaviermusik einspielen, ginge das Bistro glatt als Hotelbar durch: Der Parkettboden, die Spiegel an der Decke, der Tresen in der Mitte mit den schönen Stühlen - das sieht schon verdammt cool aus. Aber auch verdammt teuer. Laut Staatskanzlei kann man die Kosten noch nicht beziffern, weil die "Schlussrechnung noch aussteht."
Der vertrauliche Bericht der Innenrevision des BLB lässt aber zumindest erahnen, dass hier einiges zusammengekommen sein dürfte. Das Wort "Bistro" taucht in dem 175 Seiten dicken vertraulichen Bericht 14 Mal auf. Demnach wurde der "Umbau von Büroräumen zum Bistro" erst nachträglich in die Planung aufgenommen. Eben jene nachträglichen Aufträge (und von denen gab es einige) haben die Innenrevision besonders stutzig gemacht. Aber wir wollten ja über Geld reden: Beim "Nachtragsangebot 9, Küchenplanung Bistro" vom 23. Juli 2020 stehen laut Prüfbericht schon 95.000 Euro für die "Herstellkosten" drin, dazu rund 28.000 Euro "Umbauzuschlag". Alleine dieser Zuschlag sei viel zu hoch gewesen, so die Prüfer:
„Dem vertraglich vereinbarten Stundensatz für die Projektleitung von 125 Euro stehen hier 224 Euro gegenüber. Für technische Mitarbeiter ergibt sich eine Differenz von vereinbarten 90 Euro zu 168 Euro.“
Verdächtig, verdächtig! Die ganze Nummer ist natürlich Wasser auf die Mühlen der Opposition. Für den "Kölner Stadt-Anzeiger" sagte mir der SPD-Abgeordnete Christian Dahm über das edle Bistro ohne Koch:
„Das ist vermutlich der schickste Pausenraum, seit es Kantinen gibt."
Apropos schick: Der Lampenlieferant, bei dem ermittelt wird, hat auf seiner Website auch ein Foto aus einer Toilette in der Staatskanzlei veröffentlicht. Die sieht auch aus wie im Adlon. Aber das ist eine andere Geschichte...
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Nun noch zu ganz was Anderem: Bei der CDU im Landtag machte gestern eine Tabelle per WhatsApp die Runde, die Ex-Fraktionschef Bodo Löttgen am Tag zuvor bei X (formerly known as Twitter) hochgeladen hatte: "7 mal in der vergangenen Legislaturperiode, 8 mal bereits in der laufenden Legislaturperiode lässt sich die SPD im Landtag AUSSCHLIESSLICH durch die AfD unterstützen", schrieb Löttgen dazu. Und weiter: "Hat sich die Oppositionspartei SPD in NRW davon abhalten lassen, ihre Anträge zu stellen und Mehrheiten dafür zu suchen? Nein. Hört als SPD in Berlin endlich auf schlaue Brandmauer-Sprüche zu klopfen, die nichts wert sind!"
Naja...
Der Unterschied ist natürlich, dass die SPD bei ihren Anträgen nie ernsthaft eine Chance auf eine Mehrheit hatte. Von daher hinkt der Vergleich. Aber: In den U-Ausschüssen wehrt sich die SPD auch nicht, wenn die AfD z.B. bei Beweisanträgen gegen die Regierung mitstimmt. Die wären vielleicht auch ohne AfD durchgekommen, aber es gibt wohl nicht nur schwarz und weiß.
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Zu guter Letzt ein unerwartetes Comeback im Wahlkampf: Rudolf Scharping, baden gegangener Verteidigungsminister und zuletzt Radfahr-Funktionär, mischt im SPD-Wahlkampf mit. Am Sonntag ist er bei einem politischen Frühschoppen in Marsberg im Sauerland. Scharping - auch schon 77 - habe ich in meiner Kindheit und Jugend öfter getroffen, weil er in meiner Heimatstadt Lahnstein lebte und quasi der berühmteste Sohn der Stadt war (er wurde zwar im Westerwald geboren, kam aber als Knirps nach Niederlahnstein. Später zog er nach Oberlahnstein. Was ganz schön krass ist!). Also, wenn am Sonntag jemand in Marsberg dabei sein sollte: Schönen Gruß!
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