Durchgezählt: So viel NRW steckt im AfD-Gutachten des Verfassungsschutzes
- Oliver Auster
- vor 1 Tag
- 3 Min. Lesezeit
Außerdem: Wüst nicht beim Pokalfinale und anstehende Nachtschicht im Plenum

Am Mittwoch stellten Cicero und Politico das gesamte Gutachten des Verfassungsschutzes zur AfD online - so kann nun jeder alles lesen. Das Namensregister im Anhang mit allen Politikern, die in dem Gutachten auftauchen, listet fast alle Mitglieder der nordrhein-westfälischen Landtagsfraktion auf:
Christian Blex
Carlo Clemens
Klaus Esser
Christian Loose
Thomas Röckemann
Zacharias Schalley
Enxhi Seli-Zacharias
Sven Tritschler
Martin Vincentz
Es fehlen nur Hartmut Beucker, Andreas Keith und Markus Wagner. Dafür sind auch diverse Ex-Abgeordnete aufgeführt (wie Roger Beckamp) und NRW-Gewächse wie Matthias Helferich, Kay Gottschalk oder Irmhild Boßdorf.
Dass die Namen im Register stehen, sagt noch nichts Qualitatives aus. Tritschler und Schalley tauchen unter anderem wegen ihrer Vergangenheit bei der inzwischen aufgelösten Jugendorganisation "Junge Alternative (JA) in dem Gutachten auf. Vincentz wird nur an einer Stelle in einem Tweet verlinkt genannt, Seli-Zacharias unter anderem im Kapitel "Fremden- und Minderheitenfeindliche Aussagen und Positionen". Dabei geht es konkret um ihren Tweet:
,,Schon wieder Messertote. Schon wieder ein afghanischer Täter. Und schon wieder stirbt ein Kind. Wann rafft es der letzte Horst, dass die unzivilisierten #Messermörder fast ausnahmslos
aus arabischen Ländern importiert wurden?"

AfD-Mann Tritschler wird von den aktuellen NRW-Abgeordneten am häufigsten zitiert, unter anderem wegen eines Interviews mit Kay Gottschalk - das ausgerechnet im Düsseldorfer Landtag aufgenommen worden war. Tritschler hatte sich dafür mit seinem Parteifreund im Fraktionssaal der AfD unterhalten. Gottschalk habe dabei - so die Verfassungsschützer - "auf sarkastische Weise" darauf bestanden, "beim Verweis deutscher Medien auf psychische Erkrankungen von migrantischen Gewalttätern handele es sich durchweg um bloße Schutzbehauptungen."
Tritschler hat sich auch selbst im Volltext des Gutachtens gesucht und das Ergebnis am Mittwoch bei Instagram gezeigt. Seine Social Media-Memes und Äußerungen, die in dem Gutachten aufgezählt werden, nennt Tritschler "Satire", "Ironie" oder "Islamkritik".
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Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes hatte Tritschler jüngst übrigens ein Video veröffentlicht, das wohl in keine dieser Kategorien passt. In den ersten Sätzen bedauert Tritschler, dass Deutschland den 2. Weltkrieg verloren hat:
"Für uns Deutsche ist das naturgemäß ein zwiespältiger Tag: Auf der einen Seite haben wir einen Krieg verloren, auf der anderen Seite sind wir das nationalsozialistische Regime losgeworden."
So kann man sich auch für das nächste Gutachten des Verfassungsschutzes empfehlen.

Christian Blex wird in dem Gutachten mit einer Rede in Lippstadt zitiert, die medial wegen seiner Schmähungen gegen die Omas gegen Rechts bekannt geworden war. Im Gutachten werden die Omas ("Schabracken") nicht genannt, dafür aber Blex' Ausführungen zu einer angeblichen "Messerzuwanderung".
Blex und Thomas Röckemann tauchen auch noch mal im Kontext der Hardcore-Abteilung "Flügel" im Gutachten auf.
Das war mal ein bisschen mehr Text - aber hey, dafür mussten Sie nicht die mehr als 1000 Seiten im Original lesen. Ein Nachtrag zur Methodik: Ich habe das Cicero-pdf mit einer Adobe-Software in einer durchsuchbare Datei umgewandelt (OCR). Nerds und U-Ausschuss-Mitglieder kennen das. Ich mache das transparent, weil die Software Grenzen hat - und im Zweifel nicht jeder Treffer angezeigt wurde.
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Harter Break! Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin… aber ohne Hendrik Wüst (CDU). Der Ministerpräsident wird nicht beim DFB-Pokal-Finale zwischen Arminia Bielefeld und dem
VfB Stuttgart dabei sein. Das teilte die Staatskanzlei dem Landtagsblog auf Anfrage mit. Unterdessen gibt es in Ostwestfalen schon jetzt kein Halten mehr. Gestern wurde dem Hermannsdenkmal ernsthaft ein XXXXL-Arminia-Trikot übergezogen.
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Nachthemd statt Trikot ist wohl nächsten Mittwoch im Plenum des Landtags angesagt. Laut Tagesordnung soll die Plenarsitzung von 10 Uhr bis 23.30 Uhr gehen. Wie bitte? Ist denn schon wieder Haushalt? Nein. Aber: Die Fraktionen hatten schon vor längerem ausgemacht, dass die besagte Plenarwoche von drei auf zwei Sitzungstage verkürzt wird. Erst mal kein Ding. Dann kamen aber so viele Anträge und Was-weiß-ich-nicht-alles, das man nur so alles behandeln kann.
Wie immer gilt: 23.30 Uhr ist ein Richtwert - das kann auch viel später werden. Oder man gibt die eine oder andere Rede einfach zu Protokoll, statt sie tatsächlich zu halten. Kleiner Service vom Landtagsblog: Außer Cola ist auch Red Bull im Automaten in der Kantine teurer geworden. Lieber was von zu Hause mitbringen...
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