Die Akte BLB-Skandal: Keine Bestechung - aber Getrickse aus Angst vor Staatskanzlei
- Oliver Auster
- 2. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Außerdem: Trauer um Dietmar Panske (CDU) und Neues von der SMS-Affäre um Josefine Paul

Der landeseigene Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) ahnte wohl schon 2019, dass die Sanierung der Staatskanzlei unter dem damaligen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) kein Spaß wird: „Änderungswünsche sind bei einem anspruchsvollen Kunden in einem repräsentativen Gebäude nicht auszuschließen“ hieß es damals in einem Papier. Der vertrauliche Abschlussbericht der Wirtschaftsprüfungsagentur "Deloitte" liest sich so, als sei genau dass das Problem gewesen: Wünsche des "Kunden" Staatskanzlei brachten die Mitarbeiter ins Schwimmen - und sie bogen sich manche Sachen zurecht oder versuchten es nachträglich mit fragwürdigen Methoden zu retten. Unter anderem bei der Auswahl von Laschets Wunsch-Architekten.
Heute wird der "Deloitte"-Bericht in vertraulicher Runde im Landtag vorgestellt. Die 119 Seiten liegen mir vor. Für die dpa habe ich eine Meldung dazu gemacht, die sich um den strafrechtlichen Rahmen dreht: Da ist den vier bislang beschuldigten BLB-Mitarbeitern laut "Deloitte" doch kein Vorwurf zu machen. Sie hätten sich nämlich nicht - wie zunächst gedacht - bestechen lassen. Sie hatten viel mehr Schiss vor dem "anspruchsvollen Kunden". In dem Abschlussbericht wird das etwas netter formuliert:
"Die uns von projektbeteiligten Mitarbeitenden des BLB NRW erteilten Auskünfte stimmen dahingehend überein, dass im Rahmen der Projektbewältigung die Erfüllung der Erwartungshaltung der Staatskanzlei NRW eine hohe Priorität hatte."

Jetzt kommt der Architekt ins Spiel, gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelt. Der Mann ist prominent. In einem Protokoll ganz am Anfang der Planungen hieß es (Fettungen von mir):
„Der BLB hat auf Wunsch des Herrn Ministerpräsidenten [anonymisiert] mit der Koordinierung und Planung der gesamten Maßnahme des Umbaus der Staatskanzlei als Architekten beauftragt."
Dass ein Architekt auf Laschets Wunsch und ohne Ausschreibung beauftragt wird, geht natürlich nicht. Zwei Wochen später bat laut "Deloitte" daher eine BLB-Mitarbeiterin, den Passus im Protokoll der Sitzung zu ändern in:
„Der BLB hat, wie von Herrn Ministerpräsidenten vorgeschlagen, den Architekten [anonymisiert] für die Umgestaltung der Eingangssituation und Schleuse am Haupteingang sowie am Rheinseitigen Eingang im Rahmen der Sicherungsmaßnahmen konsultiert. Der BLB beabsichtigt, das Büro des [anonymisiert] nicht nur mit der Umgestaltung der Eingänge im Rahmen des Sicherungskonzeptes, sondern auch mit der Umsetzung der gesamten baulich-technischen Sicherungsmaßnahmen zu beauftragen."
Nun sollte der Architekt es eben sein und die Projektleitung wurde beauftragt, die Sache eingehend juristisch zu prüfen. Aber, so "Deloitte": "Auf Nachfrage hat uns der BLB NRW bis zum Zeitpunkt des Abschlusses des Untersuchungskomplexes „Sanierung
Landeshaus NRW“ keine 'eingehende juristische Prüfung' zur Verfügung gestellt." Und es wurde noch schlimmer. In einem anderen BLB-internen Vermerk heißt es mit Bezug auf das Büro des Architekten und dessen inzwischen erweiterten Auftrag:
"Das bedeutet, es hat eine Auftragserteilung ohne ein Vergabeverfahren stattgefunden. Das ist ein Rechtsverstoß… Der Vergabeverstoß ist auch nicht mehr zu heilen. Wir müssen „Schadensbegrenzung“ betreiben“."
Dafür wurde - so "Deloitte" - im Nachhinein ein Vergabevermerkt verändert. Mit Anleitung:
"Der Vergabevermerk muss sich so lesen, dass wir einfach nicht anders konnten, als das besagte Büro zu beauftragen. Benutzen Sie Formulierungen wie: wie zum Beispiel: „Anders als bei üblichen Bauvorhaben sind die Schnittstellen mit der Sicherheitstechnik aus folgenden Gründen besonders komplex und problematisch."
Das hat nichts mit den ursprünglichen Vorwürfen der Staatsanwaltschaft zu tun, aber es zeigt die wahre Motivation (von wegen Korruption): Man wollte dem Kunden Staatskanzlei nicht widersprechen und tat dafür einiges, was mindestens hausintern nicht in Ordnung war.
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Dietmar Panske ist tot. Der CDU-Landtagsabgeordnete wurde nur 58 Jahre alt. Er hinterlässt seine Frau und zwei Kinder. Panske war schon lange sehr krank - er litt an Leukämie. Daher konnte er auch nicht mehr den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Missbrauchskomplex "Lügde" leiten, weshalb ein Kollege das zuletzt übernommen hatte.
CDU-Fraktionschef Thorsten Schick informierte am Dienstagabend seine Kolleginnen und Kollegen mit einer einfühlsamen Mail. Schick schrieb:
"Mit Dietmar verlieren wir einen lieben Kollegen und engagierten Abgeordneten, der mit seiner lebensbejahenden Art, seiner positiven Ausstrahlung und seiner gewinnenden Persönlichkeit unser Fraktionsleben über viele Jahre geprägt hat.
Wir alle werden Dietmar sehr vermissen. Für viele von uns war er weit mehr als ein Kollege – er war Freund und Ratgeber, auf den man sich immer verlassen konnte. Seine politischen Positionen hat er konsequent vertreten, dabei aber nie das klare Wort gescheut. Sein offenes Ohr, sein Respekt vor anderen Meinungen und seine Integrität haben ihm über Parteigrenzen hinweg hohe Anerkennung eingebracht."
Mein Beileid.
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Wie soll man jetzt wieder zu einem Thema kommen, das im Vergleich dazu völlig nichtig ist... Ich weiß es nicht.
Also: Die unendliche Geschichte um die (Nicht-)Kommunikation von Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) nach dem Terroranschlag von Solingen geht weiter. Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte Paul bekanntermaßen am Sonntagmorgen um 8.26 Uhr eine SMS geschrieben ("Wann kann ich Sie anrufen?"). Paul antwortete nicht. Zwei Stunden später rief Pauls Referent Reuls Referent an. Begründung des Flüchtlingsministeriums bislang: Paul sei bei einem Gedenken in Maillé (Frankreich) gewesen und hätte da nicht telefonieren können. Der "Kölner Stadt-Anzeiger" hat aber im offiziellen Ablaufplan des Tages entdeckt, dass Pauls Bus um 8.15 Uhr am Hotel losfahren sollte und erst um 9 Uhr in dem Gedenkdorf erwartet wurde. Heißt: Als Reul schrieb, saß Paul im Bus. Da hätte sie auch antworten können.
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Der Ablaufplan liegt auch dem Landtagsblog vor und tatsächlich steht dort "8.15 Uhr Fahrt von Tours am Hotel nach Maillé" und dann wieder "9 Uhr Ankunft in Maillé" und "9.30 Uhr Messe/Gottesdienst." Also, was war denn jetzt da los? Das Paul-Ministerium antwortete mir auf Anfrage:
„Der Start des Programms war – wie am Vorabend-Termin in Maillé vorbesprochen – vorverlegt worden.“
Ob die Opposition sich damit zufrieden gibt? I doubt it.
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