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Ministerin Paul und die wundersame Knast-Wende

Aktualisiert: 20. Jan.


Josefine Paul
Flüchtlingsministerin Josefine Paul. Foto: MKJFGFI

Alte Journalistenregel: No jokes with names. Heute eine Ausnahme: Denn aus Ministerin Josefine Saulus wurde Paul(us) in Sachen zweiter Abschiebeknast.


Noch vier Monate vor dem Attentat von Solingen hatte das Paul-Ministerium mitgeteilt, dass NRW kein zweites Abschiebegefängnis brauche – selbst wenn die Fallzahlen ansteigen würden. In dem Knast in Büren sei eh noch jede Menge Platz. Jetzt kommt das zweite Abschiebegewahrsam aber doch. Weil - Achtung! - die Fallzahlen ansteigen sollen. Und es wird noch besser: Das Gefängnis wird plötzlich dort eingerichtet, wo es vorher bereits ausgeschlossen worden war. Ein wahrhaft biblisches Wunder.


Die Geschichte ist zum Glück schneller erzählt als in zwei Testamenten. Hilfreich sind dabei Akten des Flüchtlingsministeriums aus der Zeit von Joachim Stamp (FDP) und eben Ministerin Paul. Die rund 2000 Seiten wurden nach dem Informationsfreiheitsgesetz von einem Düsseldorfer Anwalt im zwei Runden erklagt und bei "Frag den Staat" veröffentlicht. In dem Konvulut sind auch einige (geschwärzte) Emails von mir zu finden, da ich das Ministerium immer wieder mal wegen des geplanten zweiten Abschiebegefängnisses genervt hatte. Am 30. April 2024 bekam ich die Ministeriums-Antwort, dass das Vorhaben erstmal beerdigt sei:


"Auch bei einem etwaigen Anstieg der Fallzahlen gibt es keine Hinweise, dass die Landesregierung hierauf nicht kurzfristig reagieren kann. Darüber hinaus unterstützen die fünf Zentralen Ausländerbehörden bei Logistik und Transport, so dass auch hier kein direkter Bedarf abzuleiten ist. Zum jetzigen Zeitpunkt sind die vorhandenen Kapazitäten für die Anzahl der Rückführungen in NRW ausreichend. Planungen zu einem Ausreisegewahrsam am Flughafen Düsseldorf werden zum jetzigen Zeitpunkt daher nicht als notwendig erachtet.“

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JHQ-Gelände
Das JHQ-Gelände in Mönchengladbach. Foto: Stadt Mönchengladbach

Am 11. September 2024 verkündete Hendrik Wüst (CDU) dann allerdings das Sicherheitspaket der Landesregierung als Folge des Solingen-Anschlags im Landtag und sagte: Ein zweites Abschiebegefängnis werde kommen. Begründung: Wenn man jetzt konsequenter abschiebt, braucht man auch mehr Plätze.


Wieder ging die Suche los, die über die Stamp-Jahre erfolglos war und unter Paul beendet wurde. Offenbar erinnerte sich im Ministerium noch jemand, dass man das ehemalige JHQ-Gelände in Mönchengladbach-Rheindahlen schon einmal im Blick hatte. Damals hatte man sich dagegen entschieden, weil auf dem Ex-Nato-Gelände schon eine Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) des Landes steht (das sei ein "Sicherheitsrisiko"), es ein Polizeiübungsgelände gibt (wo es auch mal Schussgeräusche geben kann) und Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Krawall gemacht hatten.


Der Vorteil des Geländes in Mönchengladbach damals wie heute: Es sind nur gut 40 Minuten Fahrt zum Düsseldorfer Flughafen und man hat genug Platz für einen (Container-)Neubau. Im Nachtragshaushalt 2025 waren schon 200 Millionen Euro freigeschlagen worden - das sollte reichen.


Am heutigen Montag hätte Ministerin Paul übrigens vor dem U-Ausschuss des Landtags zum Fall Solingen vernommen werden sollen. SPD und FDP hatten einen entsprechenden Antrag gestellt. CDU und Grüne stimmten mit ihrer Mehrheit im Ausschuss dagegen, die Vernehmung wurde auf die Zeit nach der Bundestagswahl vertagt. Schade eigentlich.


Update (8.50 Uhr): Die SPD-Fraktion hat für den Integrationsausschuss am Mittwoch einen mündlichen Bericht zum Abschiebeknast beantragt. Tagesordnungspunkt 10 lautet jetzt "Zweite Abschiebehaftanstalt NRW in Mönchengladbach geplant."


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